Eigenschaftserhaltende Modellreduktion für strukturierte elektrotechnische Systeme
Arbeitsgruppe: | Ehemalige AG Numerik |
Leitung: | Prof. Dr. Angelika Bunse-Gerstner (E-Mail: bunse-gerstner@math.uni-bremen.de ) |
Bearbeitung: | |
Projektpartner: |
Prof. Dr. Rainer Laur, ITEM, Universität Bremen Prof. Dr. Athanasios Antoulas, International University Bremen und Rice University USA Prof. Dr. Boris Lohmann, TU München (Lehrstuhl für Regelungstechnik) |
Laufzeit: | 01.10.2003 - 30.04.2006 |
Mathematische Modelle elektrotechnischer Systeme sind sehr häufig partielle oder außerordentlich großdimensionale gewöhnliche Differentialgleichungssysteme. Zum Beispiel führt die Simulation hochintegrierter Schaltkreise durch ihre außerordentlich große Zahl von Komponenten auf nichtlineare Differentialgleichungen, die Zehn- oder Hunderttausende von Variablen enthalten. Ebenso führt die Wechselwirkung elektrischer, mechanischer, thermischer und anderer Effekte beim Entwurf von mikroelektronisch-mechanischen Systemen (MEMS) auf die mathematische Behandlung gekoppelter Feldprobleme, die als partielle Differentialgleichungen formuliert werden. Nach Ortsdiskretisierung hat man typischerweise mehrere gekoppelte gewöhnliche Differentialgleichungssysteme mit jeweils Hunderttausenden oder Millionen Gleichungen und Variablen zu lösen. Um diese Probleme einer numerischen Lösung zugänglich zu machen, versucht man mit Modellreduktion, Systeme kleinerer Dimension zu bestimmen, die das Systemverhalten näherungsweise beschreiben. Im Allgemeinen strebt man dabei ein niedrig-dimensionales System an, dessen Übertragungsfunktion in einer geeigneten Norm möglichst nah an der des Ausgangssystems ist.
Bei der Konstruktion von solchen ordnungsreduzierten Systemen ist es von entscheidender Bedeutung, wesentliche nach außen wirkende Eigenschaften der Ausgangssysteme zu erhalten, insbesondere wenn es sich um Subsysteme in einem komplexen Mikrosystem handelt, bei dem diese Eigenschaften das Gesamtsystemverhalten bestimmen. Zu den wichtigen Eigenschaften, die erhalten werden müssen, zählt die Passivität eines Systems, denn passive Systeme, d.h. solche, in denen keine Energie erzeugt wird, sind in der Netzwerktheorie von besonderer Bedeutung. Ein Beispiel hierfür ist die Modellierung von höchstintegrierten Schaltkreisen (VLSI-Schaltkreise) im Hochfrequenzbereich. Die oben erwähnten, bei mikroelektronisch-mechanischen Systemen entstehenden gewöhnlichen Differentialgleichungssysteme sind häufig von zweiter oder höherer Ordnung. Die dabei auftretenden Größen haben eine spezifische elektrische, thermische oder mechanische Bedeutung. Sie entsprechen beispielsweise bei mechanischen Systemen Masse, Dämpfung und Steifigkeit. Modellreduktionsverfahren für solche Systeme sollten ein niedrig- dimensionales System erzeugen, das ebenfalls ein System zweiter oder höherer Ordnung ist, damit die auftretenden Größen eine sinnvolle physikalische Interpretation haben und mit den üblicherweise für die Weiterbearbeitung benutzten, kommerziellen Software-Produkten, die diese Größen verwenden, bearbeitbar sind.Ziel dieses interdisziplinären Projektes ist zum einen die Entwicklung von leicht abprüfbaren Bedingungen an die Übertragungsfunktion des reduzierten Systems, die garantieren, dass die Passivität des ursprünglichen Systems erhalten bleibt, sowie die Entwicklung von passivitäts- erhaltenden Projektionsverfahren. Zum anderen werden für Systeme zweiter und höherer Ordnung Methoden entwickelt, die niedrig-dimensionale Näherungssysteme entsprechender Ordnung berechnen. Erste Ergebnisse des Projekts führten zu einfachen Bedingungen, unter denen ein System erster Ordnung mit nur einem Eingang und einem Ausgang in ein äquivalentes System höherer Ordnung überführt werden kann. Damit lassen sich die für Systeme erster Ordnung bekannten Krylov-Unterraum-Methoden zur Modellreduktion so modifizieren, dass sie bei fast gleicher Approximationseigenschaft ein niedrig-dimensionales System höherer Ordnung erzeugen.