Visualisierung von Mikrozerspanprozessen
Working Group: | WG Industrial Mathematics |
Leadership: | Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Maaß ((0421) 218-63801, E-Mail: pmaass@math.uni-bremen.de ) |
Processor: | Dr.-Ing. Jost Vehmeyer |
Project partner: | LFM, Labor für Mikrozerspanung |
Time period: | since 01.10.2009 |
In der spanenden Mikrofertigung gewinnt die Visualisierung der Interaktion zwischen Werkzeug und Werkstück durch den steigenden Bedarf an miniaturisierten Bauteilen mit optimierten Oberflächentopographien („intelligente Oberflächen“) zunehmend an Bedeutung. Durch die in der Mikrozerspanung immer kleiner werdenden Werkzeuge (zum Beispiel 0,2 mm Durchmesser) und aufgrund zahlreicher Größeneffekte, die bei der Prozessskalierung auftreten, gelten in der Mikrozerspanung andere Gesetzmäßigkeiten und Qualitätsanforderungen als in der konventionellen Zerspanung. Die 3D-Visualisierung ermöglicht dem menschlichen Auge überhaupt erst einen Einblick in den Mikrokosmos der Oberflächen und in die kinematischen Verhältnisse. Bei der Spanbildung entstehen Kräfte, die auf die gesamte Maschinenstruktur wirken und elastische Verformungen erzeugen. Dies führt zu Abweichungen der Werkzeugposition und insbesondere zu einer veränderten Schnitttiefe, die wiederum eine Veränderung der Schnittkraft bewirkt. Aus dieser Prozessdynamik, an der weitere Einflussgrößen, wie die Verrundung des Schneidkeils und Rundlauffehler, beteiligt sind, resultieren letztendlich mikroskopisch kleine Oberflächenstrukturen. Die Oberflächenstrukturen beeinflussen das mechanische, optische und tribologische Verhalten der Oberfläche und tragen damit entscheidend zu der Leistungsfähigkeit des Bauteils bei.
Forschungsgegenstand in diesem Projekt ist die geometrische Modellierung und 3D-Visualisierung der Oberflächentopographien für Mikro-Fräsprozesse und Mikro-Drehprozesse. Praxisnahe Anwendungen wurden in dem mittlerweile abgeschlossenen DFG-Schwerpunktprogramm SPP 1180 und werden aktuell im Rahmen des Sonderforschungsbereiches SFB 747 „Mikrokaltumformen“ gegeben. Ein Bestandteil ist dabei die visuelle Oberflächeninspektion. Nach aktuellen Erkenntnissen ist der visuell-optische Eindruck bei der Oberflächenbewertung den genormten Parametern überlegen. Daher werden zusammen mit den Ingenieuren des LFM Qualitätsfunktionale entwickelt, die zur Parametrisierung der Modelle und zur tribologischen Optimierung verwendet werden.
Neben der Oberflächenbewertung fällt vor allem die Analyse der Entstehungsprozesse mit in den Aufgabenbereich der Visualisierung. Die Oberfläche ist das Ergebnis einer komplexen Werkzeug-Werkstück-Interaktion und vereinigt die Ergebnisse des Struktur-, Prozess- und Materialabtragmodells. Die Oberflächensimulation stellt den beteiligten Modellen dynamische Einflussgrößen, wie die aktuelle Spanungsdicke und -breite sowie das Zeitspanvolumen, zur Verfügung. Die analytische Berechnung der genannten Spanungsgrößen hingegen ist nicht oder nur unter vereinfachten Bedingungen möglich.
Mit der wissenschaftlichen Visualisierung wird die mathematische Modellierung fachübergreifend kommuniziert. Darüber hinaus werden auch illustrierte Filme erstellt, in denen der Prozess und seine Wechselwirkungen so dargestellt werden, dass ein breites Publikum einen Einblick in die Mechanismen der Mikrozerspanung erhalten kann.