Blindleistungsregelung in Smart-Grids
Arbeitsgruppe: | AG Optimierung und Optimale Steuerung |
Leitung: |
Prof. Dr. Christof Büskens ((0421) 218-63861, E-Mail: bueskens@math.uni-bremen.de )
Dr.-Ing. Mitja Echim (E-Mail: mitja.echim@topas.tech) |
Bearbeitung: |
Dr.-Ing. Francesca Jung
Dr. Arne Berger |
Projektförderung: | IAV GmbH Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr |
Projektpartner: | IAV, Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr, Gifhorn |
Laufzeit: | seit 01.07.2014 |
Allein 385 Gigawattstunden (GWh) Windstrom konnten im Jahr 2012 nach einer Studie der Bundesnetzagentur nicht eingespeist werden, weil eine Überlastung des Netzes drohte. Rund 118.000 2-Personen Haushalte hätten hiermit ein Jahr versorgt werden können. Mehrere Windparks mussten zwangsabgeschaltet und ihre Betreiber entschädigt werden - auf Rechnung der Verbraucher!
Diese Zwangsabschaltungen sind durch bestimmte Spannungsgrenzen im Verteilnetz bedingt. Beispielsweise können zu hohe Spannungen im Niederspannungsnetz zu Defekten an Haushaltsgeräten führen. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen prognoseunsicheren Verbrauchsprozessen nimmt mit einer steigenden Anzahl an dezentralen Energieanbietern (wie Solar- und Windanlagen) auch die Zahl an unvorhersehbarer fluktuierender Einspeisung zu. Eine effiziente Lösung, die auch für zukünftige Stromnetze praktikabel sein wird, ist der Industrie bisher nicht bekannt.
Eine Lösungsmöglichkeit besteht in dem Ausbau der Stromnetze deutschlandweit, was aber mit enormen Kosten und Zeitaufwand verbunden ist. Daher soll untersucht werden, inwiefern die Spannung durch sogenannte Blindleistung in den richtigen Bereichen gehalten werden kann.
Um diese komplexe Fragestellung zu beantworten, ist die Industrie auf die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Elektrotechnik sowie der angewandten Mathematik angewiesen. In der Elektrotechnik wird zwischen Wirk- und Blindleistung unterschieden. Bei der Wirkleistung handelt es sich um die Leistung, welche tatsächlich vom Stromerzeuger zum Verbraucher transportiert und dort genutzt wird. Die Blindleistung dagegen kann nicht von den Verbrauchern genutzt werden. Sie wird beispielsweise von Transformatoren erzeugt und pendelt immer nur zwischen verschiedenen Energieformen hin und her. Dennoch beeinflusst die Blindleistung die vorliegende Spannung und kann demzufolge zur Spannungsregelung genutzt werden.
Ziel dieses Projektes ist es, die Überlastungssituationen der Netze in Zukunft durch eine automatisierte Regelung des Lastflusses zu verhindern. Hierzu ist zunächst ein physikalisches Modell zur Beschreibung des Stromnetzes erforderlich. Anhand des Modells wird mit Hilfe der Optimierungssoftware WORHP der Arbeitsgruppe "Optimierung und optimale Steuerung" eine Optimierung des Lastflusses unter Einhaltung der physikalischen Gesetze durchgeführt.
In der praktischen Anwendung der skizzierten Lösungsstrategie ist die hohe Komplexität von Stromnetzen zu berücksichtigen. Aufgrund der weit verzweigten Struktur und der hohen Anzahl an Knotenpunkten von regionalen Stromnetzen, entstehen hochdimensionale Optimierungsprobleme aus dieser Fragestellung. Für eine effiziente Berechnung von optimalen Lösungen wird daher die dünnbesetzte Struktur dieser Probleme, welche aus der Netzstruktur resultiert, berücksichtigt. Hierdurch ist es möglich, die optimalen Lösungen durch WORHP in Echtzeit zu berechnen und die Ergebnisse für einen automatisierten Betrieb von komplexen Stromnetzen zu nutzen.