zu Drs. 15/613
"Reform des Hochschuldienstrechts: Nicht auf halbem Wege stehen bleiben"
Dringlichkeitsantrag
der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 5.6.2000
(Drs.
15/364)
Der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) hat in ihrer Sitzung vom 4. bis 6. Juli 2000 folgender Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vorgelegen:
"Zwei Drittel der Professorinnen und Professoren an den bremischen Hochschulen werden in den kommenden acht Jahren in den Ruhestand treten. Das ist eine historische Möglichkeit und zugleich Notwendigkeit für eine tiefgreifende Reform des Dienstrechts an den deutschen Hochschulen. Die Bundesregierung hat zur Vorbereitung einer solchen Reform eine Expertenkommission "Reform des Hochschuldienstrechts" eingesetzt, die am 10. April 2000 ihren Bericht abgegeben hat. Bundesregierung und Bundestag wollen auf der Grundlage dieses Berichtes und anderer vorangegangener Vorschläge noch in dieser Legislaturperiode ein Reformgesetz vorlegen. Die Bundesländer sind beteiligt.
Die Bremische Bürgerschaft möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) stellt fest, dass Ziele und Leitlinien einer Reform des Hochschuldienstrechts vor allem sind: eine bessere internationale Vergleichbarkeit und Mobilität; eine frühere selbständige wissenschaftliche Tätigkeit; eine höhere Durchlässigkeit zwischen Hochschule, Forschungseinrichtungen und der übrigen Gesellschaft; eine deutliche Verbesserung der Chancen von Frauen, ihre eigenen Lebens- und Karrierewege gehen zu können.
Die Bürgerschaft (Landtag) stellt fest, dass der Bericht der Expertenkommission eine Reihe von guten und dringend notwendigen Reformschritten enthält, dass er aber noch zu viele halbe Schritte macht und der Radikalität der gestellten Aufgabe ausweicht.
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert daher den Senat auf, in den bevorstehenden Beratungen um die Reform des Hochschuldienstrechts die folgenden Eckpunkte zu vertreten, die zum Teil im Kommissionsbericht enthalten sind, zum Teil darüber hinaus gehen:
Abschaffung des Beamtenstatus für die Professorinnen und Professoren und
Einführung eines eigenen Tarifsystems für die Hochschulen (außerhalb des BAT);
Möglichkeit eines freiwilligen Wechsels der bereits Beschäftigten in das neue System;
Einführung einer befristeten Juniorprofessur mit ausreichender Ausstattung für eigenverantwortliche wissenschaftliche Tätigkeit;
Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht allein in befristeten, sondern auch in unbefristeten, aber nicht unkündbaren Beschäftigungsverhältnissen u.a. für wissenschaftliche Dienstleistungen sowie
Lockerung der starren Befristungsregelungen im Hochschulrahmengesetz;
Flexible Formulierung der Qualifikationszeiten für Frauen;
Gänzlicher Verzicht auf die Habilitation als Eignungsvoraussetzung für die Berufung als Professorin und Professor;
Einheitliche Ausgangsbasis für die Besoldung der Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen und Universitäten;
Zahlung eines Teils der Vergütung als funktions-, leistungs- und belastungsbezogene Zulage auf Zeit.
Die Bürgerschaft (Landtag) ist der Auffassung, dass bundeseinheitliche Festlegungen nur so weit getroffen werden sollten, wie es zur Wahrung einer hinreichenden Einheitlichkeit des Hochschulwesens und zur Schaffung qualitätsfördernder Wettbewerbsbedingungen notwendig ist."
Der Dringlichkeitsantrag wurde zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Wissenschaft überwiesen. Die Deputation hat in ihrer Sitzung am 26. Januar 2001 den Antrag beraten und gibt folgenden Bericht ab:
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung hat am 21.September 2000 ihr Konzept zum "Hochschuldienstrecht für das 21. Jahrhundert" vorgelegt, das sich an den Empfehlungen der ursprünglich zu diesem Thema eingesetzten Expertenkommission orientiert aber auch eigene Akzente setzt. Inzwischen werden in Umsetzung dieses Konzepts die Rohentwürfe zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes und des Bundesbesoldungsgesetzes in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe beraten; der Senator für Bildung und Wissenschaft ist in dieser Arbeitsgruppe vertreten.
Die Deputation für Wissenschaft empfiehlt der Bremischen Bürgerschaft (Landtag), dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN nicht zuzustimmen. Gleichzeitig verweist sie darauf, dass die im Antrag geforderten Eckpunkte bereits zum Teil in den genannten Rohentwürfen enthalten sind. Im einzelnen vertritt die Deputation für Wissenschaft folgende Auffassung:
Die bundesweite Abschaffung der Beamtenverhältnisse für Professoren ist gegenwärtig nicht realisierbar; entsprechende ländespezifische Regelungen würden erhebliche Nachteile bei der Gewinnung hoch qualifizierte Wissenschaftler mit sich bringen. Seit der letzten Novelle zum Bremischen Hochschulgesetz stellen Angestelltenverhältnisse eine gleichberechtigte Alternative zu Beamtenverhältnissen dar. Es muss abgewartet werden, welches der beiden Rechtssysteme mit Blick auf die künftigen Anforderungen besser ausgestaltet werden kann.
Wissenschaftsspezifische tarifrechtliche Regelungen sollten nicht allein für die Hochschulbediensteten, sondern auch für die Beschäftigten in wissenschaftlichen Einrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs gelten. Ein eigener Wissenschaftstarifvertrag würde erheblichen Zeitaufwand erfordern. Daher strebt der BMBF besondere Regelungen innerhalb des BAT an.
Möglichkeiten des freiwilligen Wechsels vom bisherigen in das neue System sollen den Professoren im Hinblick auf die Besoldung eingeräumt werden. Dies wird von der Deputation unterstützt.
Die Einführung einer Juniorprofessur mit Ausstattung für eigenverantwortliche wissenschaftliche Tätigkeit ist im Rohentwurf zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vorgesehen; dies wird unterstützt. Der Umfang der Ausstattung wird sich nach den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten der Länder und Hochschulen richten.
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf können wissenschaftliche Mitarbeiter sowohl befristet als auch unbefristet beschäftigt werden. Dies entspricht dem Bedarf der Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Die Dauer der Befristung soll durch Obergrenzen zeitlich definiert werden und lässt eine flexible Handhabung zu.. Dies wird zu größerer Rechtssicherheit und Transparenz in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen führen und daher von der Deputation unterstützt.
Abgesehen von Beurlaubungsregelungen und entsprechender Verlängerung der Beschäftigungshöchstdauer sind keine hochschulrechtlichen Spezialregelungen für Frauen geplant. Die vorgesehene Vielfalt der Zugangswege zum Professorenamt wird jedoch Frauen den Zugang zu einer Professur erleichtern. Die Deputation ist der Auffassung, dass auch künftig ergänzende Fördermaßnahmen in den Hochschulen selbst erforderlich sind.
Alle Beteiligten sind der Auffassung, dass die Habilitation in ihrer herausragenden Bedeutung als Voraussetzung für eine Berufung als Professorin oder Professor erheblich zurückgedrängt werden muss. Das vom BMBF angestrebte Verbot der Habilitation wird jedoch nur von wenigen Ländern mitgetragen.
Der Entwurf für eine Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes sieht neben dem Juniorprofessor (Besoldungsgruppe W 1) Professoren der Besoldungsgruppen W 2 und W 3 für Universitäten und Fachhochschulen vor. Die Deputation begrüßt die damit gegebene strukturelle Gleichstellung der Fachhochschulprofessoren.
Neben dem Grundgehalt sieht der Entwurf für eine Änderung des Besoldungsgesetzes variable Leistungsbezüge vor, die aus Anlass von Berufungs- und Bleibeverhandlungen, für Leistungen in Forschung, Lehre, Weiterbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben befristet oder unbefristet vergeben werden. Die Deputation befürwortet diese flexible Regelung.
Die von der Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft sowie vom Bundesministerium des Innern vorgelegten Gesetzentwürfe lassen den Ländern weite Spielräume für die Ausgestaltung der Personalstruktur und der Dienstverhältnisse. Dieses wird unterstützt, soweit gleiche Wettbewerbsbedingungen gewahrt bleiben.
__________________________________
__________________________________
Sprecher
Vorsitzender
der Deputation für Wissenschaft